Sachsen-Anhalt bildet Schülerrichter aus

 Sachsen-Anhalts Justiz baut im Rahmen eines Modellprojekts
in Halberstadt die ersten „Schülergremien“ auf. Vorbild für diese kriminalpädagogischen
Gremien sind „Schülerrichter“ und „Teen-Courts“ anderer Bundesländer. In
Schülergremien reden geschulte Jugendliche – eingebunden in das strafrechtliche
Ermittlungsverfahren – mit jungen Beschuldigten über deren Taten und legen eine
Sanktion fest – wie zum Beispiel die Teilnahme an Verkehrsunterricht oder die
schriftliche Auseinandersetzung mit dem Geschehenen.

Sachsen-Anhalts Justizministerin Professor Angela Kolb
warb heute vor Schülern, Lehrern und Elternvertretern in Halberstadt für das
Projekt. Sie sieht Schülergremien als Weg, einen Beitrag im Kampf gegen
Jugendkriminalität zu leisten. „Jugendlichen ist die Meinung Gleichaltriger oft
besonders wichtig. Die Reaktion von Altersgenossen führt zu einer intensiveren
Auseinandersetzung mit der Tat. Das kann eine Verhaltensänderung bewirken.“
Zugleich machten die Schüler, die in den Gremien mitarbeiten, wertvolle Erfahrungen.

Jugendliche unterschiedlicher Schulformen sollen für die
Mitarbeit in Schülergremien durch Juristen und Sozialpädagogen ausgebildet
werden. In der Anfangsphase werden dies Schüler des Gymnasiums Martineum und
der Sekundarschule „Am Gröpertor“ aus Halberstadt sein. Im Juni wird es dazu
ein mehrtägiges schulübergreifendes Angebot im Rahmen einer Projektwoche geben.
Im kommenden Schuljahr sind weitere Schulungen geplant. Zum Jahresende 2007,
spätestens im Januar 2008 werden die Schülergremien ihre Arbeit aufnehmen. Das
Modellprojekt ist auf drei Jahre angelegt.

Im Jugendstrafverfahren besteht im Rahmen der so genannten
Diversion unter anderem die Möglichkeit, dass Jugendstaatsanwälte im Bereich
minder schwerer Straftaten Jugendlicher das Ermittlungsverfahren ohne
Gerichtsverhandlung einstellen. Diese Einstellung kann von der Erfüllung
bestimmter erzieherischer Maßnahmen abhängig gemacht werden. Kolb: „Hier wird
das Schülergremium eingebunden.“ Künftig prüfen Polizei und Staatsanwaltschaft,
welche Verfahren für ein Verfahren vor dem Schülergremium geeignet sind. Der in
Betracht kommende Deliktskatalog umfasst zum Beispiel Ladendiebstahl, Fahren
ohne Fahrerlaubnis und Sachbeschädigung. Sind der Beschuldigte und seine Erziehungsberechtigten
einverstanden, führt das Schülergremium in Anwesenheit eines Sozialpädagogen
mit dem Beschuldigten ein Gespräch durch und legt eine Sanktion/Wiedergutmachung
für die Tat fest.

Kolb betonte daher: „Auch wenn sich der Begriff
„Schülerrichter“ eingebürgert hat: Bei dem Schülergremium handelt es sich
keineswegs um ein Gericht. Nur staatliche Gerichte sind dazu berufen, über
Schuld und Unschuld eines Angeklagten zu entscheiden. Diese Entscheidung kann
niemand anderes übernehmen. Schülergremien sind im staatsanwaltschaftlichen
Ermittlungsverfahren angesiedelt.“ Der Gesetzgeber lege Wert darauf, dass in
bestimmten Fällen von Straftaten, die Jugendliche begangen haben, ein Verfahren
ohne Anklage oder Gerichtsentscheid beendet werden soll. Stattdessen sollen
andere erzieherische Maßnahmen greifen. „Hier hat das Schülergremium seinen
Platz.“

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