Gut besuchte Info-Veranstaltung zum Konjunkturpaket II

Aus der Halberstädter Volksstimme vom 20.Februar 2009:

Das sogenannte Konjunkturpaket II von Bundes- und Landesregierung war das Thema einer Informationsveranstaltung, zu der der SPD Bundestagsabgeordnete Andreas Steppuhn nach Halberstadt eingeladen hatte. Vor rund 100 Gästen referierte für den zurückgetretenen Finanz-Staatssekretär dessen Kollege aus dem Innenministerium, Rüdiger Erben (SPD).

Rüdiger Erben versuchte, die nach wie vor
zahlreichen Unklarheiten im konkreten Umgang mit dem zweiten
Konjunkturpaket mit Galgenhumor zu überspielen : "Wir werden alle 2013
im ,Spiegel‘ lesen, der Osten hat wieder einmal mit den Fördermillionen
Schindluder getrieben, weil dann irgendwo eine Kindertagesstätte
geschlossen werden muss, die jetzt aus dem Konjunkturpaket Fördergelder
für neue Fenster erhalten hat."

Staatssekretär tritt auf "Euphoriebremse"

Daher appellierte der Innen-Staatssekretär an die
Verantwortlichen in den Kommunen, mit den größeren Freiheiten bei der
Vergabe von Aufträgen sorgfältig umzugehen. Arbeiten im Wert von bis zu
100 000 Euro sollen frei vergeben werden dürfen, Aufträge bis zu einer
Million Euro nach beschränkter Ausschreibung. Das alles, um das Geld
aus dem Konjunkturpaket möglichst schnell ausgeben zu können. Erben:
"Ich hoffe auf wenig Bau-Skandale in den Kommunen, damit wir diese
Freiheit nach zwei Jahren nicht wieder einschränken müssen." Apropos
Geld: Der Politiker, als früherer Weißenfelser Landrat durchaus mit
Kommunalerfahrung ausgestattet, trat am Mittwochabend in Halberstadt
auch vorsichtig auf die "Euphoriebremse". Es werde nicht leicht sein,
schnell und vor allem ordnungsgemäß die vielen Fördermillionen
auszugeben. Im Herbst, so kündigte Erben an, werde es eine erste Bilanz
geben. Dann müsse die Regierung schauen, bei welchen Programmen es
"klemme", um das Geld bis Dezember 2010 auch ausgeben zu können. 

 

Wer aber bereits heute Ideen und ganz konkrete Projekte vorweisen kann, muss sich dennoch gedulden. " Wo gibt es Anträge, an wen muss ich diese richten, und wie schnell wird darüber entschieden ?", wollte beispielsweise Ingolf Fölsch von der Wernigeröder Oskar-Kämmer-Schule wissen. Der Regierungsvertreter, der kurzerhand für den plötzlich zurückgetretenen Finanzstaatssekretär Christian Sundermann ( SPD ) eingesprungen ist: "Das kann ich derzeit noch nicht sagen. Ich hoffe, dass sich in zwei, drei Wochen in diesen Fragen der Nebel etwas gelichtet hat."
Klaus Bogoslaw, Bürgermeister von Aue-Fallstein, beklagte die langsam mahlenden Mühlen der Bürokratie. Das Magdeburger Sozialministerium habe acht lange Monate dafür gebraucht, um über einen Fördervorantrag für die Kindertagesstätte in Hessen zu befinden. Bogoslaw: "Danach hat man uns mitgeteilt, wir befinden uns auf Platz 92 der Projektliste, das Fördergeld reicht allerdings nur bis Platz 63." Mit solchem Verwaltungstempo sei es schwer, das Konjunkturpaket erfolgreich vor Ort umzusetzen.
Erben musste daraufhin einräumen, dass sowohl das Sozial- als auch das Kultusministerium das Tempo beschleunigen müssten. Nicht wie von Kultusminister Jan-Hendrik Olbertz zunächst angekündigt im April, sondern bereits im März sollen die Kommunen erfahren, was aus ihren Förderanträgen für umfangreiche Schulsanierungen werde. " Wer dann eine Ablehnung erhält, kann noch kurzfristig auf das Konjunkturpaket umschwenken ", schlug Erben vor. Das Ziel des Landes sei es, dass in den Sommerferien in möglichst vielen Schulen in Sachsen-Anhalt Handwerker arbeiteten.
Das war das Stichwort für den Präsidenten der Magdeburger Handwerkskammer, Werner Vesterling. Mit einem leidenschaftlichen Appell forderte der Elektromeister aus Schierke, dass die Arbeiten in Schulen und Kindertagesstätten in möglichst kleinen "Auftragsscheiben", sogenannte Lose, ausgeschrieben und vergeben werden : " ur dann hat das Handwerk bei Ihnen vor Ort überhaupt eine Chance, auch vom Konjunkturpaket zu proftieren. " Vesterling verlangte zudem, nicht die billigsten Anbieter zu beauftragen, sondern den Betrieb, der " mit für alle auskömmlichen Preisen kalkuliert."
Der Bundestagsabgeordnete Andreas Steppuhn konnte knapp 100 Interessierte am Mittwochabend begrüßen. Vor Kommunalpolitikern, Verwaltungschefs, Bürgermeistern, Planern, der Arbeitsamtschefin, Vertretern von Wohnungswirtschaft und aus dem Bildungsbereich bekräftigte der Parlamentarier : "Wer weiß es besser als der Bürgermeister, wo vor Ort der Schuh drückt. Darum sollten wir gemeinsam dafür sorgen, dass das Geld aus dem Konjunkturpaket schnell und ohne Umwege in den Kommunen ankommt."

Dringender Appell des Handwerkspräsidenten

Dennoch verteidigte der SPD-Politiker die Entscheidung von Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD), den Großteil des Fördergeldes nicht pauschal, sondern projektbezogen vergeben zu wollen – ohne sich allerdings einen Seitenhieb nicht verkneifen zu können : "Wir haben in Berlin gewusst, dass einige in den Landesregierungen,klebrige Finger‘ haben werden". Dessen ungeachtet sieht Steppuhn im Mix aus Pauschale und Projektförderung " eine gute Grundlage ". Er rief zu Kreativität in den Kommunen auf, neue förderfähige Projekte mit " nachhaltiger Wirkung " zu benennen. Diese Kreativität wird es auch brauchen, allein wegen der gesetzlichen Auflage, dass 65 Prozent der Förderung in den Bildungsbereich investiert werden müssen. Was aber sollen Orte ohne Schule und Kindertagesstätte dann mit dem Geld anfangen? Ein ratloser Staatssekretär Rüdiger Erben : "Das ist im Moment noch eine ganz knifflige Frage. "

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.