Bürger machen sich Kultur zu eigen

Halberstädter Tageblatt vom 23.11.2013

Kultureller Reichtum gibt Anlass für größeren Stolz auf Halberstadt

Von Renate Petrahn

Halberstadt: Eine Begegnung mit Menschen, die Kultur schaffen oder sich um Kultur kümmern, tut immer gut, weil sie den Blick öffnet. Das empfanden wohl auch die Zuhörer in dem übervoll besetzten Foyer des Gleimhauses am Donnerstagabend so. Sie waren der Einladung des SPD-Ortsvereins Halberstadt zu einem „Stadtgespräch“ zu Kultur – Realität und Vision gefolgt. Im Podium hatten Jutta Dick, Direktorin der Moses-Mendelssohn-Akademie Halberstadt, Dr. Thomas Labusiak, Kustos des Domschatzes Halberstadt, Prof. Rainer Neugebauer, Kuratoriumsvorsitzende der John-Cage-Orgel-Stiftung, Dr. Ute Pott, Direktorin des Gleimhauses Halberstadt, und Musikdirektor Johannes Rieger, Intendant des Nordharzer Städtebundtheaters, Platz genommen. Moderiert wurde der Abend von Gerhard Miesterfeldt (SPD), Vizepräsident des Landtages.    Die Botschaft des Stadtgespräches ist klar: Kultur ist eine, wenn nicht sogar die entscheidende Größe für die Außenwirkung der Stadt. Dennoch, aus der Sicht eines Halberstädters ist ihre Innenwirkung vielleicht noch bedeutsamer, zumal wenn eine Stadt so bedeutende kulturelle Wurzeln wie Halberstadt hat.    In der von großer Diskussionsfreude geprägten Veranstaltung wurde eine Reihe von Vorschlägen gemacht, um das kulturelle Leben facettenreicher zu gestalten. Selbst nach dem Ende der Veranstaltung bildeten sich noch einzelne Diskussionsgrüppchen. Angesichts dieser überaus großen Resonanz auf diese Veranstaltung ergibt sich die Frage: Wie geht es weiter? Wie können die Impulse, die das Stadtgespräch ausgelöst hat, genutzt und in Handeln umgesetzt werden?    Zu den positiven Erfahrungen des Abends gehört, dass dieses Mal die „kulturellen Leuchttürme“ der Stadt, und mit Sicherheit darüber hinaus, vereint an einem Tisch saßen und über ihre Institution, Einzelprojekte oder auch Kooperationsvorhaben sprachen. Dieses gemeinsame Auftreten verdeutlichte, auf wie vielen Pfeilern (ohne allerdings komplett zu sein) das kulturelle Angebot ruht. Jüngstes Beispiel für die Synergieeffekte, die eine Kooperation auszulösen vermag, sind die Projekte um Alexander Kluge: Sonderausstellungen im Gleimhaus und beim John-Cage-Orgel-Projekt, sowie das Theaterstück „Alexander Klu ge. Hoffnung und Widerstand. Eine Dramatisierung von Sebastian Fust“, zu erleben auf der Kammerbühne des Nordharzer Städtebundtheaters.    Von besonderem Interesse war die weitere Entwicklung des Theaters, für dessen Weiterbestehen am Ende der Veranstaltung Unterschriften gesammelt wurden. „Wir fahren auf Sicht“, sagte Intendant Johannes Rieger, „und warten auf den Zuwendungsbescheid über die Landesförderung bis 2018“. Mit Blick auf das Philharmonische Kammerorchester Wernigerode sagte Rieger, dass Kooperation und nicht Fusion der richtige Weg sei.    Wie modernes Kommunikationsverhalten für die Arbeit eines Museums mit jungen Besuchern nutzbar gemacht werden kann, zeigt das Projekt Gleim. net, das in Kürze öffentlich vorgestellt wird, sagte Gleimhaus direktorin Dr. Ute Pott    Wie die Halberstädter Bürger Kultur zu ihrer Sache machen, wurde an Beispielen wie Dachreiter und Spenden zur Rettung der Epitaphe oder auch John-Cage-Orgel-Projekt, das keine institutionelle Förderung erhält, deutlich. Und dass sie weiter gewillt sind, Kultur zu ihrer Sache zu machen, zeigten Vorschläge aus der Zuhörerschaft. Analog zur Nacht der Kirchen sollte es eine Nacht der Museen, ergänzt durch viel Kleinkunst, geben. Erinnert wurde auch an die Jazz-Straßenbahn. Gewünscht wurde von den Diskutanten mehr Selbstbewusstsein der Halberstädter, die stolz auf ihre Stadt mit ihrem abwechslungsreichen kulturellen Leben sein können und so gleichzeitig als „Kulturbotschafter” für Stadt und Region auch über die Landesgrenzen hinweg agieren.

Aufmerksam verfolgten zahlreiche Zuhörer im Foyer des Gleimhauses die Diskussion im Podium. Anschließend konnten Fragen gestellt und Anregungen gegeben werden. Foto: Renate Petrahn

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